Grundlagen

Worauf die Initiative Lapurla basiert, was sie bewegen will und wie sie sich von anderen Vorhaben unterscheidet.


Kontext

Die Initiative Lapurla ist eingebettet in einen fachlichen, einen rechtlichen und einen politischen Kontext. Aus diesen Grundlagen ergibt sich ein «Sense of Urgency», mit dem ein Bildungsparadigmenwechsel und damit ein gesellschaftlicher Wandel in Bewegung gesetzt werden sollen.

In der Tat existieren in der Schweiz kaum Angebote zur kulturellen Teilhabe für Kinder von 0–4 Jahren und bislang auch noch keine expliziten Förderstrukturen. Dies hat verschiedene Ursachen:

  • Bildungspolitik erst ab Kindergarten: Bildung beginnt in der Schweiz offiziell erst ab der Einschulung in den Kindergarten, weshalb kulturelle Förderstrukturen meist auch erst ab Schuleintritt etabliert sind. Dies führt dazu, dass frühkindliche Einrichtungen wie bspw. Kindertagesstätten und Spielgruppen noch selten Zugang zu Fördergeldern im Kultursektor haben.
  • Bislang wenig Know-how frühkindlicher Einrichtungen für Ressourcenallokation zur Förderung kultureller Bildung: Aufseiten Frühbereich ist noch wenig Bewusstsein für den Bildungswert kultureller Teilhabe vorhanden. Es fehlt zudem grundsätzlich an Kenntnissen über Förderstrukturen und damit das Know-how zur Beantragung von Fördergeldern. Es fehlen auch zeitliche und personelle Ressourcen, um sich der Thematik anzunehmen.
  • Geringer Fokus von Kunst- und Kulturvermittlung für die Zielgruppe der Kleinkinder: Aufseiten Kultur- und Kunstvermittlung gehören Kinder von 0–4 Jahren mit ihren Bezugspersonen noch selten zur Zielgruppe kultureller Angebote. Es fehlt an Vorbildern und Modellen, die Hemmschwellen und Berührungsängste sind gross.
  • Fehlende Politik der frühen Kindheit: In den letzten Jahren haben Bund, Kantone und Gemeinden, aber auch private Initiativen und freie Stiftungen durch Konzepte, Studien und Förderprogramme begonnen, die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kindern zu verbessern. Doch der Handlungsbedarf bleibt gross. Wenn es nicht gelingt, eine kohärente Politik auf den verschiedenen staatlichen Ebenen unter Beizug der Zivilgesellschaft zu etablieren, bleiben die bisherigen Massnahmen Patchwork und wirkungsarm. Deshalb ist für eine wirkungsvolle kulturelle Teilhabe ab der frühen Kindheit die Zusammenarbeit der Bereiche Bildung, Kultur, Soziales, Soziokultur und Gesundheitsförderung zwingend notwendig.

Unsere Gesellschaft steht aufgrund zunehmender Komplexität vor grossen Aufgaben. Die demografische Entwicklung, die Konsequenzen der Globalisierung, die weltweiten Migrationsströme und die fortschreitende Digitalisierung sind Treiber dynamischer Veränderungen, die einen Einfluss auf unser Zusammenleben haben. Von den Mitgliedern der Gesellschaft wird Dialog- und Innovationsfähigkeit erwartet, um mit den Herausforderungen umzugehen. Konkret heisst dies für die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft, dass ihre Problemlösungskompetenzen – das heisst die Fähigkeit, Dinge neu zu denken und in die Tat umzusetzen – sehr wichtig sein werden, um sich ständigen Veränderungen anzunehmen und sie zu gestalten.

Kreativität über qualitative, ästhetische Bildung zu fördern, ist daher kein «Luxusunterfangen». Es geht weder darum, Angebote zur Legitimierung von Kulturinstitutionen zu schaffen, noch um die Profilschärfung von Einrichtungen ausserfamiliärer Kinderbetreuung. Vielmehr geht es um die nachhaltige Entwicklung einer Gesellschaft, deren Mitglieder  von Beginn an durch ästhetisch-kulturelle Erfahrungen

  • neue Perspektiven gewinnen,
  • lernen, unabhängig und kreativ zu denken und zu handeln,
  • auf ihre Stärken zu vertrauen,
  • Verständigungen auszuhandeln und
  • ihre Rechte in der Gesellschaft einzufordern.

Die ersten Bildungserfahrungen eines Kleinkinds sind prägend für das Leben und bestimmen nachhaltig den Umgang mit sich und der Welt. Dabei ist davon auszugehen: Kleinkinder sind von sich aus höchst kreativ! Sie eignen sich die Welt mit allen Sinnen an, haben einen unbändigen Forschungsdrang und vielfältige Experimentierlust. Das kleinkindliche Spiel und die künstlerische Betätigung sind nicht voneinander zu trennen und können als kreative Lernstrategien gesehen werden. Ob ein Kleinkind kreativ werden kann, hängt davon ab, ob sein Umfeld dies zulässt und ob die Rahmenbedingungen für ästhetische Erfahrungen und kulturelle Teilhabe gegeben sind oder nicht.

Bislang gibt es noch wenig vergleichbare Vorhaben an der Schnittstelle von Kultur und Früher Kindheit. Als Referenz dient uns daher der Vergleich mit etablierten Kulturangeboten für ältere Kinder im schulischen wie auch ausserschulischen Kontext. Hier sehen wir folgende Differenzierungsmerkmale:

(1) Ko-Konstruktive Haltung. Die pädagogische Grundhaltung, mit denen Kinder von 0–4 Jahren entwicklungsgerecht von Erwachsenen begleitet werden sollten, ist ko-konstruktiv. Das bedeutet, dass Kinder in ihrer kindlichen Neugier von Erwachsenen begleitet werden und der kindliche Lebensraum im Dialog zwischen Kind und Erwachsenem erarbeitet wird. Ein zu stark kuratiertes Vorgehen, mit der vorher festgelegte Inhalte nach einem fixen (Lehr-)Plan oder Programm umgesetzt werden, riskiert, bei den Kindern nicht anschlussfähig zu sein und keine Lernwirkung zu entfalten (Desinteresse, Abwenden, Widerstand). Von der Stärke ko-konstruktiver Prozesse sind wir überzeugt: Aus diesem Grund wird auch die Initiative Lapurla selbst ko-konstruktiv in einem interdisziplinären Tandem entwickelt und umgesetzt.

(2) Community Education und Nachhaltigkeit. Mit Kindern zwischen 0 und 4 Jahren sind die sozialräumlichen Radien bei Kulturbesuchen beschränkt, um sie nicht vorher schon durch grosse Reiseaktivitäten zu erschöpfen. Dies bildet die vorteilhafte Grundlage, dass Institutionen in unmittelbarer Nachbarschaft miteinander kooperieren. Die Nähe erleichtert nachhaltige Partnerschaften, um den Kindern ein kontinuierliches, institutionalisiertes Angebot zu ermöglichen. Bei Projekten, in denen Kunstschaffende mit Kindern aus Kitas und Spielgruppen forschen, ist die Einbindung der Erziehenden im Vorfeld ohne Kinder von zentraler Bedeutung für eine kreativitätsermöglichende Begleitung der Kinder.


Fachliche Grundlagen


Politische Grundlagen


Rechtliche Grundlagen


Prinzipien & Leitsätze

Auf diesen fachlichen, rechtlichen und politischen Grundlagen basieren unsere Prinzipien. Daraus haben wir Leitsätze in Form von Bausteinen für einen Bildungsparadigmenwechsel entwickelt, mit denen wir Werte und eine Haltung beschreiben, die wir als grundlegend für qualitativ hochstehende Angebote erachten.


Bausteine für einen Bildungsparadigmenwechsel mit Leitsätzen