7 gute Gründe für die Förderung frühkindlicher kultureller Bildung – ein Positionspapier (2021)

Kulturelle Bildung gehört zum Kern eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses. Sie ermöglicht die Begegnung mit den Künsten, eigenes gestaltendes und ästhetisches Handeln sowie das Wahrnehmen von und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lebenskulturen. Insbesondere in den prägenden ersten Lebensjahren und am Übergang zur Grundschule lässt sich die kulturelle Bildung mit allen Entwicklungsphasen und Bildungsaufgaben verbinden.

Kinder erkunden die Welt mit allen ihnen verfügbaren Sinnen. Kulturelle Bildung entspricht deshalb von Geburt an ihren zentralen Bedürfnissen und bietet ein besonderes Potenzial für Selbstausdruck, persönliche Entwicklung und Weltwahrnehmung. Sie erschließt vielfältige Bildungszugänge, eröffnet so Zukunftschancen für alle Kinder und leistet einen Beitrag zu mehr Teilhabegerechtigkeit.

Daher muss kulturelle Bildung integraler Bestandteil des Aufwachsens aller Kinder und fest in ihrem Lebens-, Kita- und Grundschulalltag verankert sein. Sieben gute Gründe für die Förderung frühkindlicher kultureller Bildung:

Frühkindliche kulturelle Bildung …

1 vermittelt Strategien zur Erschließung von Welt jenseits bekannter Normen. Weil ästhetisch-künstlerische Praxis an die kindliche Neugier anschließt und zum freien Experimentieren einlädt, schafft sie Erfahrungsräume zum Erkunden einer komplexen Welt, fördert Selbstvertrauen, Mut, Neugier, Kreativität und Flexibilität.

2 stärkt das soziale Miteinander in einer von Diversität geprägten Gesellschaft. Die Begegnungen mit den Künsten und ihren Akteur:innen ermöglichen Kindern die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lebenskulturen. Sie lernen Respekt für Vielfalt und den Umgang mit Unterschieden. Im Miteinander erweitern sie ihre sozialen Kompetenzen.

3 eröffnet Kindern vielfältige Zugänge zu Gesellschaft und fördert so Teilhabe. Die eigene Kreativität zu entfalten und selbstbestimmt an Kultur teilzuhaben, eröffnet vielfältige Perspektiven und Wege. Dies bildet eine wichtige Grundlage für eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft und für mehr Bildungsgerechtigkeit.

4 schafft Reflexions- und Dialoganlässe mit Kindern und unterstützt Sprachbildung. Kunst und ästhetisches Handeln sind selten eindeutig und einfach erklärt. Es gibt viele Bedeutungen und Deutungsmöglichkeiten. Das stiftet Impulse zur Kommunikation und stärkt das Reflexionsvermögen.

5 ermöglicht Kindern Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Weil es in der frühkindlichen kulturellen Bildung nicht um das Bestätigen bereits bekannter Gewissheiten geht, sondern sinnliches Erfahren und individuelle Empfindungen sowie persönliche Gestaltung im Mittelpunkt stehen, werden Kinder in ihrer Selbstwahrnehmung gestärkt. Kinder erleben, dass sie ernst genommen werden und etwas bewirken können.

6 vergrößert und differenziert die Vielfalt kindlicher Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Handlungsformen.
Dass man durch Tasten, Hören, Sehen, Malen, Formen, Singen und Tanzen Gefühle und Eindrücke auch ohne Sprache mitteilen und verstehen kann, erfahren Kinder nur durch das Ausprobieren dieser Möglichkeiten. So erweitern sie spielerisch ihren Möglichkeitsraum.

7 trägt zur Qualitätsentwicklung der pädagogischen Praxis bei. Kulturelle Bildung als integraler Teil der frühkindlichen Bildung bereichert Krippen, Kindertagesstätten, Kindergärten, Grundschulen und Horte als wichtige Wegbereiter der kindlichen Entwicklung genauso wie außerschulische Kultur- und Bildungseinrichtungen. Ein aktiver Austausch aller Akteur:innen über die Bedeutung von kultureller Bildung, die genaue Beobachtung der Kinder, das unmittelbare Reagieren auf deren Bedürfnisse fördert die Qualitätsentwicklung und den Qualitätsdiskurs.

Alle Kinder – unabhängig von Herkunft und Wohnort – müssen diese Möglichkeiten haben. Sie alle sollten frühe Erfahrungen mit den Künsten machen und von ästhetischen Auseinandersetzungen profitieren können. Kultur-, Bildungs- und Jugendpolitik sind auf kommunaler, Landes- und Bundesebene gefordert, dies ressortübergreifend umzusetzen.

7 Gute Gründe